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Kommunales Kino | Urachstraße 40, 79102 Freiburg im Breisgau, Deutschland
Filmfestival: Festival of Transcultural Cinema
Das freiburger film forum zeigt seit 1985 alle zwei Jahre Filme aus dem globalen Süden. Zahlreiche Filmschaffende aus aller Welt, viele große Namen des ethnografischen Films und aktuellen Dokumentarfilms wie Robert Gardner, John Marshall, Dennis O’Rourke, Frances Calvert, Michael Oppitz, Heidi Specogna, Ulrike Ottinger waren auf dem Festival vertreten. Das sorgfältig kuratierte Programm und die Workshopatmosphäre im Alten Wiehrebahnhof schaffen Raum für Dialog und begeistertes Feedback von Gästen und Publikum.
Der Begriff Transcultural Cinema wurde vom australischen Ethnologen und Filmemacher David MacDougall geprägt. Als einer der Wegbereiter der Visuellen Anthropologie war er bereits mehrfach Gast des Festivals. Mit dem neuen Untertitel wird das mit Gründung des Freiburger Filmforums formulierte Anliegen, einseitige Perspektiven und Grenzziehungen aufzuheben, sichtbarer gemacht. Ein transkulturelles Kino unterstreicht die Dynamik und Fluidität von Kulturen und deren Eigenschaft, Grenzen als zufällige Konstruktionen zu betrachten und in alle Richtungen zu überschreiten. Dabei thematisiert es den vielschichtigen Prozess der filmischen Darstellung anderer Lebensweisen.
Programm
Mit TANZANIA TRANSIT, einer Zugreise durch die ostafrikanische Gegenwart, eröffnet am 28. Mai das freiburger film forum seine diesjährige Festivalwoche. 30 Filme aus 22 Ländern warten an den folgenden Tagen auf das international interessierte Publikum. 25 Regisseur*innen aus Indien, dem Kongo, Nord- und Zentraleuropa werden anreisen, um ihre aktuellen Filme vorzustellen und freuen sich bereits auf viele engagierte Gespräche mit den Zuschauer*innen. Für eine Woche wird das Kommunale Kino Freiburgs Treffpunkt des Transkulturellen Kinos sein. Unter dem neuen Label Transcultural Cinema - ein vom Anthropologen und Filmemacher David MacDougall geprägter Begriff - verspricht die diesjährige Auswahl ein Programm, das einseitige Perspektiven aufhebt und Grenzziehungen hinterfragt. Drei Schwerpunkte fokussieren den Blick auf Effekte der Globalisierung, beleuchten Sozialstrukturen der muslimischen Kultur und einen kritischen Umgang mit dem postkolonialen Filmerbe.
Der Schwerpunkt Fortschritt und Verdrängung schaut auf die bis in entlegenste Regionen vordringende Industrialisierung und ihre Folgen. Ob bei den Arhuacos in den Bergen Kolumbiens oder im Hochatlas in Marokko – in einer globalisierten Moderne sind traditionelle Lebensformen in ihrer Existenz als Ganzes bedroht. In der City of Jeans in Nordbrasilien arbeitet inzwischen die gesamte, zuvor Viehzucht und Kleinanbau betreibende Bevölkerung in der Jeansproduktion. Der durch preisgekrönte Spielfilme bekannte Marcelo Gomes hat dort den visuell und dramaturgisch beeindruckenden Dokumentarfilm WAITING FOR THE CARNIVAL gedreht. Ein Doublefeature über Köhlerei veranschaulicht eindrücklich den Gap zwischen den Kontinenten. Während in der Schweiz die letzten Köhler weiterhin ihr altes Brauchtum pflegen, kämpft ein Bauer im Kongo um die Existenz seiner Familie.
Ehrengast des Festivals ist die Ethnologin und Filmemacherin Lisbet Holtedahl der Universität Tromsø. Sie forscht seit über zehn Jahren vor allem in Kamerun und richtet ihr Interesse auf die Rolle der Frauen und sozialen (Macht-) Strukturen in der muslimischen Kultur. Ihr Film WIVES zeigt seltene Einblicke in die filigranen Beziehungen in einer polygamen Familie. THE CHÂTEAU überrascht mit dem ungewöhnlichen Porträt eines der reichsten Kameruner Industriellen.
Mit dem Klassiker des ethnografischen Films MENSCHEN IM BUSCH von 1930 beginnt eine Filmreihe zur Kontinuität kolonialistischer Denkweise. AFRICAN MIRROR von Mischa Hedinger setzt seine Analyse über den bekannten Afrika-Journalisten René Gardi in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts an und hinterfragt das Afrikabild des Westens heute. CRACKS IN THE MASK von Frances Calvert gibt den Einstieg zu einem Panelgespräch über die Frage der Restitution, Provenienz und dem Umgang mit rituellen Objekten. Auf dem Podium: Anette Rein, frühere Leiterin des Weltkulturenmuseums Frankfurt, ein/e Vertreter*in aus dem afrikanischen Museumsbereich (noch offen) und Tina Brüderlin, Leiterin Ethnologie am Museum Natur und Mensch in Freiburg (angefragt).
Die ersten zwei Festivaltage gehören der students‘ platform. Sie präsentiert eine Auswahl internationaler Debütfilme und Hochschulproduktionen von jungen Talenten, die ihre Filme in Freiburg vorstellen und den Ort für Networking und Erfahrungsaustausch zu nutzen wissen. Im Mittelpunkt dieses Jahres stehen Thematiken wie Flucht und Asyl, Subkulturen in repressiven Regimen, Kunst als politischer Aktivismus sowie emische Perspektiven auf Entwicklung. Einige Filme öffnen Perspektiven von People of Color auf Rassismus sowie postkoloniale Fragestellungen. Ein Programmschwerpunkt bildet „Perspectives on migration“, Projekte von Nachwuchsfilmschaffenden, die sich kreativ mit Erfahrungen, Beziehungen und Lebenswelten in der Einwanderungsgesellschaft auseinandersetzen.
Highlight am Wochenende wird das vom Kommunalen Kino und dem Dresdner Musikerkollektiv shortfilmlivemusic gemeinsam produzierte Filmkonzert SURVIVAL STRATEGIES FOR COLD COUNTRIES. Die Film-Musik-Performance im großen Saal des E-Werk erzählt mit künstlerischen Mitteln die Geschichte der Einwanderung in Deutschland und stellt aktuelle politische und kulturelle Zusammenhänge her.
In Kooperation mit dem Centre Culturel Français Freiburg stellt das freiburger film forum dieses Jahr das Afghan Box Camera Project von Lukas Birk und Sean Foley vor.Generationen von Afghan*innen ließen Passbilder und Portraits mit dieser aus Holz gefertigten Kamerabox machen, die Aufnahmegerät und Dunkelkammer zugleich ist. Die Ausstellung gewährt Einblicke in eine reiche afghanische Fototradition und das kreative Schaffen der letzten Straßenfotografen in Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat.
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