Veranstaltungen
Solothurner Filmtage, Kino Palace | Hauptgasse 57, 4500 Solothurn
Film: Gilda Brasileiro - Gegen das Vergessen
Erinnern als Widerstand
„Die Leute behaupten noch immer, in der Region gab es keine Sklaven“, sagt die Bürgerrechtlerin Gilda Brasileiro fassungslos und öffnet ein altes Schriftstück am Computer. „Aber hier: Hier sind die Beweise!“ Mitten im Regenwald, 150 Kilometer östlich von São Paulo, hat die Chemielehrerin, Anfang 50, die Überreste einer ehemaligen Sklavenroute entdeckt. Am Rand des größten Kaffee-Anbaugebiets des 19. Jahrhunderts. Brasileiro stammt selbst aus einer Familie mit afrikanischen Vorfahren, wie so viele in Brasilien. “Jetzt kommt alles ans Licht“ erzählt Gilda mit leuchtenden Augen. Ihr Fund ist brisant, da Brasilien damals den Sklavenhandel über den Atlantik auf Druck Grossbritanniens bereits verboten hatte. Doch gerade nach 1831 wurden fast eine Million Männer, Frauen und Kinder aus dem heutigen Angola und Mozambique gefangen genommen und gewaltsam auf die brasilianischen Kaffee-Plantagen gebracht. „Diese Sklaverei stützte die Unabhängigkeit und die Konstruktion des brasilianischen Nationalstaats“ sagt der Historiker Ricardo Salles. Durch sie wurde Brasilien zum weltweit größten Kaffee-Exporteur. Die Überproduktion aus den Plantagen von Rio de Janeiro und São Paulo senkte die Preise des Kaffees auf dem Weltmarkt und machte ihn zum Massenkonsumgut.
Gilda Brasileiro will die vertuschte Geschichte Brasiliens offen legen. Doch die Nachfahren einflussreicher Siedler-Familien wollen nicht die ruhmreiche Erinnerung an ihre Vorfahren mit Sklaverei in Verbindung bringen. Der Dokumentarfilm „GILDA BRASILEIRO – Gegen das Vergessen“ folgt Gildas hartnäckigem Bestreben, herauszufinden, wer die Menschen waren, die auf dem Höhepunkt des illegalen Handels (1831-1856) über diesen geheimen Weg ins Land geschleust wurden. Es ist ein Film übers Vergessen; ein Vergessen, dem damals ein politisch motiviertes Interesse zugrunde lag, und das uns heute als dumpfes Desinteresse entgegenschlägt. Es ist auch eine Suche nach dem eigenen Ursprung, die vom Filmemacher Roberto Manhães Reis - auch er ein Erzähler der Geschichte - geteilt wird.
„Wir sind unter der Ägide des Genozids geboren“ sagte der brasilianische Autor Luis Ruffato in seiner Eröffnungsrede an der Frankfurter Buchmesse 2013. Er spricht vom Genozid an der indigenen Bevölkerung Brasiliens und vom Verbrechen an fünf Millionen schwarzen Afrikanern, die bis Mitte des 19.Jahrhunderts gewaltsam ins Land verschleppt wurden. Daran zu erinnern ist (heute) eine Form des Widerstands.
Der Dokumentarfilm Gilda Brasileiro - gegen das Vergessen von Viola Scheuerer und Roberto Manhães Reis ist am 24. und 30. Januar 2019 bei den Solothurner Filmtage in der Sektion „Panorama Schweiz“ zu sehen. Ende 2018 wurde er erfolgreich an Internationalen Filmfestivals in São Paulo, Rio de Janeiro und Washington DC gezeigt. Im Februar 2019 wird er am Pan-African Film Festival in L.A. zu sehen sein.
Vorführungen im Kino Palace:
- 24.01.2019 um 20:30
- 30.01.2019 um 12:00
Roberto Manhães Reis und Viola Scheuerer, werden in Solothurn sein, sowie die Protagonistin des Films, Gilda Brasileiro.
Mehr Infos:54. Solothurner Filmtage
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