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Buch: Nächtliche Erklärungen

Cover

Gleich zu Beginn des Buches will er sich umbringen, um die Flashbacks aus den mörderischen Tagen der Zerschlagung der Studentenproteste in Lomé endgültig zur Ruhe zu bringen. Aber die Erinnerung an den Freund aus dem Straflager, der ihn zum zukünftigen grossen Dichter erkor, bringt ihn davon ab. Zwischen Folter und Zwangsarbeit hat ihm dieser ehemalige Lehrer, jetzt geblendet, in ihrer elenden gemeinsamen Zelle abends das Vorlesen der grössten Romane der Zeit abverlangt – gemeinsame Reisen in die Menschheit, die den beiden Raum und eine Bindung bescheren. Seiner eigenen Exekution und dem Straflager durch Zufall entkommen, versucht Ito Baraka der Ordination durch seinen Lagergefährten nachzukommen und gewinnt tatsächlich einen Talentwettbewerb, der ihm ein Stipendium für Kanada ermöglicht. Alles scheint in ein geachtetes bürgerliches Leben zu münden, literarische Erfolge, eine Ehe, ein Sohn, eine Anstellung als Lehrer. Doch das Schuldgefühl des Davongekommenen zerfrisst den Sinn dieses Lebens, immer tiefer wühlt sich Ito in die Absurdität der erlebten Gewalt – bis der wohlintegrierte Anschein allmählich zerbröckelt. In einem Kellerloch, zwischen Suff und Liebelei mit einer drogenabhängigen Urbewohnerin Kanadas, findet er schliesslich die Kraft, seiner Freundin seine Geschichte zu diktieren und seinen endgültigen Verfall mit einer Vision zu verklären.

Diese Buchbesprechung wurde von Susy Greuter für das aktuelle Afrika-Bulletin verfasst.