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Film: Das neue Evangelium

Regisseur Milo Rau kehrt in der süditalienischen Stadt Matera zu den Ursprüngen des Evangeliums zurück und inszeniert es als Passionsspiel einer Gesellschaft, die geprägt ist von Unrecht und Ungleichheit. Gemeinsam mit Yvan Sagnet, einem ehemaligen Landarbeiter und politischen Aktivisten aus Kamerun, entwirft Regisseur Milo Rau mitten in der konfliktreichen Situation der süditalienischen Stadt Matera ein neues Evangelium.

Regisseur Milo Rau über den Film:

"Als klar war, dass das süditalienische Matera zur „Kulturhauptstadt Europas 2019“ ernannt wird, wurde ich gebeten, dort etwas zu inszenieren. Ich hatte sofort ein Konzept im Kopf: einen neuen Jesus-Film, der die starke kinematografische Tradition der Region mit ihrer heutigen Realität mischt. Mein Vorschlag, „meine“ Version des Neuen Testaments dort aufzuführen, wo Pasolini und Gibson die beiden bekanntesten Jesus-Filme aller Zeiten gedreht haben und dabei professionelle Schauspieler mit Aktivisten zu mischen, stieß bei den Kuratoren sofort auf offene Ohren. Als ich dann zum ersten Mal dort war, überzeugte mich der außergewöhnliche antike Frieden, der über der Stadt liegt, in Matera einen Jesus-Film zu drehen. Ziel war es, den ursprünglichen Geist als Passionsgeschichte der sozial Benachteiligten, der Armen, der Arbeitslosen, der Ausgestoßenen, der Ausgegrenzten und der Flüchtlinge zu bewahren. Allein in Italien leben mehr als 500.000 Menschen im Untergrund in inoffiziellen Lagern. Es ist von großer Ironie, dass Matera, die Kulturhauptstadt Europas 2019 und das „Jerusalem“ des Weltkinos, von Flüchtlingslagern umzingelt ist. Wo könnten die Widersprüche des modernen Europas sichtbarer sein als hier und was wäre sinnvoller, als in dieser so unglaublich schönen wie armen Region einen politischen Jesus-Film zu drehen, in dem biblische Erzählung und echte Revolte ineinanderfließen? Zusammenfassend spielt mein NEUES EVANGELIUM in zwei parallelen Welten: Es ist ein echter Aufstand und ein Bibel-Film, er spielt mitten in der Stadt Matera unter Einbeziehung ihrer Bürger – und in den wilden Lagern ringsum, bevölkert von tausenden Geflüchteten aus Afrika."